Unzählige Versuche mit Haien habe ergeben, dass hinter dem oft anscheinend instinktiven Verhalten eine „Intelligenz“ verborgen sein muss. Z.B. wurden bei Versuchen mit Grauhaien beobachtet, dass diese in Situationen von Bedrängnis bzw. Provokation zunächst die vermeintlichen Angreifer in Form von Gebärden warnten, bevor die Haie die Flucht ergriffen oder attackierten. Dies warf ein neues Licht auf das Verhalten der Haie: wenn sie jemanden warnen, dann heißt das, dass sie nicht an der Beute interessiert sind. Da Grauhaie die Gebärdensprache auch untereinander nutzen, lässt dies auf ein Sozialverhalten schließen. Auch Formen von Hierarchien, die sich an Größe und Geschlecht orientieren, wurden bei der Hammerhaiart, der Sphyrna tiburo, entdeckt.
Wenn Haie bestimmte Hierarchien einhalten und eine eigene (Körper-)Sprache besitzen, drängt sich da nicht die Frage nach Intelligenz auf? Die Frage nach der Intelligenz wird häufig und falsch mit der Fragestellung nach Lernfähigkeit eines Wirbeltieres verwechselt. Eine grobe Faustregel der Intelligenz bei Tieren ist: Gehirngröße durch Körpergröße. Nach dieser „Intelligenzformel“ liegt der Hai weit vor allen anderen Knochenfischen, vielen Vögeln und Säugetieren.
Ein Beispiel am Verhalten eines Tigerhais zeigt, dass er logische Schlüsse ziehen kann: Der Tigerhai bemerkte, dass Schildkröten, die ihre Eier einmal jährlich an Stränden ablegen, erschöpft wieder zurück ins Wasser kehren. Somit konnte sich der Hai leicht Fressen erbeuten. Man glaubte dabei zunächst, dieses Verhalten sei angeboren, doch es fiel auf, dass nur ein einziger Hai machte und jedes Jahr wiederholte. Man beobachtete dann auch einen weiteren Hai, der dieses Verhalten aufwies. Dieser Hai lernte also durch bloßes Zuschauen, wie man sich auf leichte Weise Fressen erbeuten kann. Ein Tigerhai kann also von sich aus Zusammenhänge erschließen und durch Imitation neue Taktiken zur Futtergewinnung erkennen, was nur wenige Tierarten (z.B. Primaten) beherrschen. Mit der Intelligenz ist es sogar denkbar, dass manche Haie eine Taktik entwickeln, sich von Tauchern Fische zu holen: Es genügt, zu drohen oder ein bisschen zu beißen, und sofort bekommt er seine abgesehene
Beute, die Fische.
Man muss jedoch bemerken, dass Haie noch einige Geheimnisse vor uns verbergen könnten, da sie in freier Natur nur schwer zu erforschen sind.
Eine besondere Art des Verteidigungsverhaltens zeigt der Graue Riffhai (Carcharhinus amblyrhynchos). Er wurde durch sein ganz besonderes, stereotypes Drohverhalten bekannt, das sogenannte „übertriebene Schwimm-verhalten“, das immer einem Angriff vorausgeht. Der Hai zeigt dieses Verhalten immer dann, wenn er sich bedroht oder in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt fühlt. Er schüttelt Kopf und Schwanz , um einen plötzlichen Vorstoss zu simulieren, bewegt seine Brustflossen senkrecht oder macht einen Buckel und schwimmt dann eine horizontale Spirale oder mehrere Achterfiguren. Andere Haie, darunter auch der Weisse Hai, zeigen ähnliche Formen des Drohverhaltens.
